Focus Rechtsstaat: Keine dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahmen der Polizei Berlin wegen des „Menschlichkeit war gestern“-Vorfalls (Veröffentlicht am 08.04.2023)

Am 16.09.2022 war auf dem Telegram-Kanal „Polizisten für Aufklärung“ ein kurzer Videoclip veröffentlicht worden, der mehrere Angehörige der 11. Einsatzhundertschaft der Berliner Polizei beim Abführen einer Person zeigt. Zu hören sind dabei verschiedene kritische Kommentare von – offenbar – Passanten bzw. womöglich dem Autor des Videos, in denen u. a. „Doppelstandards“ der polizeilichen Arbeit kritisiert werden. Daraufhin vernehmbare Äußerungen lauten z. B. „Es gibt gute Demos und es gibt schlechte Demos!“ sowie „Wir müssen unsere Befehle ausführen, das ist alles!“. Zuletzt ist ein Ausruf zu hören, die vielfach für Fassungslosigkeit gesorgt hat: „Menschlichkeit war gestern!“

Ich hatte am 30.09.2022 im Hinblick auf die Aussagen „Es gibt gute Demos und es gibt schlechte Demos!“ sowie „Menschlichkeit war gestern!“ Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Polizei Berlin eingereicht und um dienstaufsichtsrechtliche Prüfung gebeten.

Mit Schreiben vom 24.11.2022 teilte die Polizei Berlin mit, die Beschwerde könne aktuell nicht bearbeitet werden. Zwar sei

„Das vorbildliche Verhalten unserer Mitarbeitenden (…) uns wichtig und wird daher in begründeten Situationen auch kritisch hinterfragt bzw. bewertet. Denn die Polizei Berlin hat die Aufgabe Grundrechte zu achten und zu schützen.“,

allerdings könnten

„zum jetzigen Zeitpunkt weder eine Manipulation des Videos ausgeschlossen, noch die Äußerungen visuell oder auditiv einer Person zugeordnet werden“.

Zwar seien in dem Videoclip die Rückennummern von Angehörigen der 11. Einsatzhundertschaft zu sehen, es sei jedoch nicht erkennbar, ob die zugehörigen Personen auch etwas sagen. Eine Zuordnung der Äußerungen anhand der Stimmen sei nicht möglich gewesen. Auch das Datum und die Örtlichkeit der Aufnahme seien unbekannt, eine eindeutige Zuordnung zu einem Einsatz sei bislang nicht gelungen.

Aufgrund der in das Video eingefügten Texte sei aber erkennbar, dass dieses bearbeitet worden sei. Es stelle sich daher die Frage, ob die besagen Äußerungen nachträglich in das Video eingefügt worden seien. Zum Ausschluss einer Manipulation sei daher eine Vorlage des Originalvideos zwecks „Überprüfung der technischen Metadaten“ erforderlich.

Ob die Polizei Berlin die drei Angehörigen der 11. Einsatzhundertschaft, deren Rückennummern in dem Video zu erkennen sind, oder den darin allem Anschein nach ebenfalls auszumachenden Führer des 1. Zuges dieser Einheit zu dem Vorfall befragt hat, bleibt offen. Will man es vielleicht lieber gar nicht so genau wissen?


(Titelfoto: Auszug aus dem besagten Videoclip, 
Telegram-Kanal „Polizisten für Aufklärung“, 16.09.2022)


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